Pressetext Besondere Geschichte                                               04/2021

Bergfilm Tegernsee, 18. Internationales Festival vom 13. – 17. Oktober 2021

 Das Geschenk 

Neben den dotierten Hauptpreisen hat die Jury in Tegernsee die Möglichkeit, Filme mit einer „Lobenden Erwähnung“ auszuzeichnen. Oft stehen hinter diesen besonderen Produktionen, die den Sprung nach ganz oben (noch) nicht geschafft haben, berührende Geschichten.  So wie bei „Schwerelos – Das Leben ist Pfeifen“ von Daniel Anker und Thomas Senf.

Vor 20 Jahren stieg der Schweizer Daniel Anker, eine der eher stillen Größen des Schweizer Alpinismus, zusammen mit dem Extremkletterer Stefan Siegrist in die Eiger-Nordwand ein – und schlug mit der Route „La Vida es silbar“ („Das Leben ist Pfeifen“) ein neues Kapitel in der Geschichte des alpinen Kletterns auf.  Es ist ein Geschenk, dass Daniel Anker jetzt, zu seinem 60. Geburtstag, wieder in die Tour einsteigen darf. Sein Traum: Sie frei zu klettern und dabei einen Film zu drehen, in dem sich Gefühle aus der Gegenwart und der Vergangenheit vermischen. Und in dem auch der kubanische Film „La Vida es silbar“, nachdem die Route benannt ist, eine Rolle spielt.

Der erste Teil des Traums geht nicht ganz in Erfüllung, möglich ist „nur“ eine „normale“ Durchsteigung der schwierigen Tour, keine freie Begehung ganz ohne Griff in die Schlinge. Aber ist das so wichtig? Pfeif drauf, denken wohl die meisten. Viel schöner ist, dass aus dem „Drehbuch im Kopf“, das Daniel Anker schon solange beschäftigte, ein berührender Film wird. Unterstützung bekommt er dabei von dem Schweizer Filmemacher Thomas Senf.

„Ich war ja schon auch blauäugig“, erinnert sich Daniel Anker. Er rief einfach mal an bei der Produktionsfirma Trigon-Film von „La vida es silbar“, hatte prompt Glück und erwischte dort einen bergbegeisterten Manager, der ihm sofort erlaubte, Ausschnitte des Films zu nutzen. So können Thomas Senf und Daniel Anker einsteigen und zwei völlig konträre Welten ineinander fließen lassen: Die Eiger-Nordwand und Kuba. Der Tanz und das Klettern. „Sie verweben Kletteraufnahmen mit Ausschnitten aus dem Arthousefilm, kombinieren Reflektionen über die Schwerkraft und den Sinn des Extremkletterns mit der Musik aus dem Kinofilm. Ein angenehm ruhiger Film mit schwindelerregenden Tiefblicken und ernsthaftem Tiefgang“, urteilt die Jury.

Zu sehen ist der Film aber nicht nur in Tegernsee, sondern inzwischen auch als Bonus-Track von „La vida es silbar“ (www.filmingo.ch).  Eine eigene Vermarktung gibt es noch nicht, bis dato machte sich wohl noch niemand, an den Daniel Anker herantrat, die „Mühe“ sich den Streifen genauer anzuschauen. Das könnte sich vielleicht schnell ändern durch die kleine Auszeichnung in Tegernsee, wie schon für einige zuvor, die hier ihre ersten Lorbeeren sammelten. Doch das schönste Geschenk ist es wohl für alle zu sehen, wie die Bilder ankommen. Wie den Zuschauern der Atem stockt beim Tiefblick in die Eiger-Nordwand – und wie der Applaus beim DAV-Abend in Tegernsee eigentlich gar nicht mehr aufhören will.