Filmplakat von 'Der Bauer bleibst Du'

 

im Kino am Tegernsee in Rottach-Weißach, Tegernseer Str. 100,
www.kino-tegernsee.de

W e i ß a c h f l i m m e r n

Mittwoch, 10. Mai 2017, 19:30 Uhr

“Der Bauer bleibst Du” – ein Film von Benedikt Kuby

2014 Gewinner des Großen Preises der Stadt Tegernsee und des Publikumspreises

Zum Film:
Seit 400 Jahren betreibt die Familie Wanner einen hoch über dem Inn gelegenen Bauernhof. Vierzig Jahre lang hat Heinz, 82, den Hof alleine bewirtschaftet, mit Techniken, die kaum noch jemand kennt. Doch er ist der Letzte seiner Sippe. Dass er keine Nachkommen hat, lässt ihm keine Ruhe. Um den Fortbestand der Landwirtschaft zu sichern, hält er Ausschau nach einem Nachfolger.

Seine Wahl fällt auf den 22-jährigen Johannes, der begierig ist, von dem alten Kauz zu lernen. Mit Achtung und Zuneigung gehen Jung und Alt aufeinander zu. Die Begründung der internationalen Jury beim Festival 2014: Der Film ist die Dokumentation einer handwerklich-bäuerlichen Welt, die am Verschwinden ist, die es eigentlich schon nicht mehr gibt. An einer Stelle heißt es: Es gibt moderne Maschinen für solche Feldarbeit, aber der Bauer tut diese Arbeiten mit dem alten Werkzeug, weil er den Faden nicht abreißen lassen will zu der Welt, aus der er stammt und zu der er gehört. Der Film erfasst diese Welt mit einer außergewöhnlichen Sensibilität und einer Kamera, die die Stille zum Tönen bringt. Es ist eine Kamera, die Gesichter zum Sprechen bringt, auch wenn gerade kein Wort gesprochen wird. Der Einsatz der Musik ist extrem wirkungsvoll, weil er extrem sparsam ist. Es gibt keine Szene, die gestellt oder unglaubwürdig wirkt. Die Authentizität und Ehrlichkeit, mit der die Personen sich öffnen, lassen erahnen, wieviel Geduld und Verständnis der Autor aufgebracht hat, um diesen Film zu machen. Bei all dem wird kein romantisches Niemandsland gemalt, sondern die moderne heutige Welt ist präsent und die respektvolle Begegnung zwischen zwei Generationen ist Teil der Geschichte und der Dramaturgie.

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Interview mit Benedikt Kuby   (25/10/2014)

Auch ohne Konflikte zum Großen Preis Authentizität, Ehrlichkeit und eine außergewöhnliche Sensibilität machen Benedikt Kubys „Der Bauer bleibst Du“ zu einer ungewöhnlichen, tief berührenden Dokumentation, die mit dem Großen Preis der Stadt Tegernsee ausgezeichnet wurde. Vierzig Jahre hat Heinz seinen Hof, der seit 400 Jahren im Familienbesitz ist, alleine bewirtschaftet. Nun sucht er einen Nachfolger. Seine Wahl fällt auf den 22-jährigen Johannes, der begierig ist, von dem alten Kauz zu lernen. Im Gespräch schildert der Filmemacher, wie es heute überhaupt möglich ist, so einen aus dem Rahmen des Üblichen fallenden Film zu drehen und wie das Publikum auf diesen sehr ruhigen „Zeitschlag“ reagiert. Man hat den Eindruck, dass Sie Heinz, den Bauern, schon sehr lange kennen. Wie lange haben sie sich wirklich mit ihm, mit dieser Dokumentation, beschäftigt? Seit 1991 habe ich Filme für die Reihe „Der Letzte seines Standes“ im Bayerischen Rundfunk gedreht. Es ging uns darum, das Wissen und Können der letzten der alten Meister zu dokumentieren und damit zu verhindern, dass dieser Kulturschatz völlig verloren geht. Bei Dreharbeiten vor jetzt schon 16 Jahren habe ich Heinz kennengelernt, der in einem Film kurz eine Rolle hat. Mir war damals gleich klar, dass ich über diesen besonderen Menschen einmal einen Film machen möchte. Es stand damals noch völlig in den Sternen, wie die Geschichte sich entwickeln wird. Sie haben diesen Film quasi im Alleingang gemacht, warum? Ja, das ist eine Ein-Mann-Produktion. Buch, Regie, Kamera, Schnitt, das lag alles in meiner Hand. Und natürlich auch die Finanzierung. Nur die Tonmischung wurde in einem Studio gemacht. Aber nur so konnte ich den Film realisieren. Dieser Film wäre, so wie er geworden ist, mit einem TV-Sender nicht möglich gewesen, weil er in kein Format passt und ich mich auch nicht einschränken lassen wollte. Mir war wichtig, den anderen Taktschlag in dem dieser Bauer lebt, deutlich zu machen. Ich will zeigen, dass es Leute gibt, die da nicht mitspielen. Nicht, dass Heinz Wanner das vorsätzlich so gemacht hätte, er hat einfach ein anderes Zeitgefühl. Und damit war klar, dass ich keinen schnellen Film machen kann, wie er dem Zeitgeist entsprechen würde. Diese Langsamkeit und diese langen Einstellungen sind notwendig, nur dann kommt man auch rein in den Film, in diese ganz besondere Atmosphäre und kann sie quasi selbst spüren. Wie gehen Sie an so eine Produktion heran? Ich führe anfangs viele Gespräche. Ich überlege, wie bringe ich das, was ich erfahren habe, überhaupt auf die Reihe. So entwickelt sich eine Vorstellung, wie der Film aussehen könnte, und das arbeite ich dann beim Drehen sozusagen ab. Dabei passieren dann immer wieder Dinge, die so nicht vorhersehbar sind, wo ich aber spüre, dass sie die Geschichte vorwärts bringen. Da reagiere ich natürlich darauf. Ich habe den Schnitt eigentlich schon beim Drehen im Kopf, aber später wird dann doch vieles anders. Und in der Endphase muss man rigoros sein. Alles, was den Film nicht weiterbringt, muss raus. Was hat sich bei diesem Film zum Beispiel verändert? Schon der Titel. Eigentlich sollte er „Mit dem Rücken zur Zeit“ lauten. Aber das stimmt nicht, es wäre falsch. Dieser alte Bauer hält sich nicht raus aus dem Heute, er lebt sehr bewusst im Jetzt, liest Zeitung und weiß genau, was geschieht. Aber er braucht kein Internet, keine ständige Verbindung zur Außenwelt und er bewirtschaftet seinen Hof auf traditionelle Art und Weise. Genauso, wie er es für richtig hält. Wenn Sie, wie in Tegernsee, bei einer Vorführung dabei sind, was möchte das Publikum von Ihnen erfahren? Es kommen oft ähnliche Fragen. Vor allem: War das wirklich so harmonisch? Die Antwort ist: Ja, es war wirklich so. Bei einem Zürich Filmfestival hatte die Jury zum Beispiel damit ein Problem, dass es in dem Film keinen Konflikt gibt. Aber es ist kein Spielfilm, sondern eine Dokumentation, und wenn es da keinen Konflikt gibt, werde ich auch keinen inszenieren. Aber es stimmt schon. Die Hochachtung, mit der die beiden miteinander umgehen, scheint heute fast nicht glaubhaft, ja geradezu unnatürlich. Das ist wohl etwas sehr seltenes, diese ungewöhnlich konfliktfreie Atmosphäre. Das berührt die Menschen. Und wie reagiert das Publikum auf diese Langsamkeit? Unterschiedlich. Die meisten Zuschauer empfinden es regelrecht als Seelenoase, als Wellness, weil sie endlich einmal Zeit bekommen zuzuschauen. Durch dieses ‚in Ruhe betrachten können‘ entsteht eine ganz eigene, wohlwollende Stimmung. Die Zuschauer sind tief berührt. Hier in Tegernsee wurde zum Beispiel deutlich mehr gelacht, als ich es von anderen Vorstellungen her kenne. Es herrscht in jedem Kino eine andere Dynamik, das ist interessant zu beobachten. Aber immer habe ich den Eindruck, dass die Leute nach der Vorstellung empathischer, weicher sind und freundlicher dreinschauen. Wollten Sie diese Reaktion schon bei den Dreharbeiten bewusst herbeiführen? Nein. Wenn ich drehe, mache ich mir keinerlei Gedanken, ob eine Szene vielleicht doch besser so oder so sein sollte, weil ich damit dann vielleicht mehr Publikum anspreche. Ich gehöre zu den Dokumentarfilmern, denen es nicht um Wirklichkeit, sondern um Wahrheit geht. Ich achte darauf, meine Arbeit redlich zu machen, keine Effekthascherei. Ich würde nie meine Protagonisten in die Pfanne hauen. So wie die Situation heute für die große Mehrheit der Dokumentarfilmer aussieht, also immer weniger Sendeplätze und immer weniger Geld, wird ist es schwer, damit sich und eine Familie zu ernähren. Das geht bei uns nur, weil meine Frau Geld verdient. Ob dieser Film seine Kosten je wieder rein bringen wird, ich weiß es nicht. Wenn es gelingt, die Leute dazu zu bringen meinen Film anzusehen oder die DVD zu kaufen, ist‘s vielleicht nicht nur eine „Liebhaberei“, wie mein Steuerberater immer wieder mitleidig bemerkt. Nach einer Filmvorführung höre ich eigentlich regelmäßig: „Der Film sollte unbedingt in Schulen gezeigt werden“. Tatsächlich ist der Film schon von drei Schulen gekauft worden.

Info: Die DVD „Der Bauer bleibst Du“ ist erhältlich bei bkubyfilm@aol.com